Wie beeinflussen sich Darm und Gehirn gegenseitig?
Die Verbindung zwischen dem Magen-Darm-Trakt und dem Gehirn stellt ein komplexes und umfassendes Netzwerk dar, das weit mehr als nur die Verdauung reguliert. Unser Darm und seine neuronalen Verschaltungen spielen eine wesentliche Rolle in der Stoffregulation aber auch in anderen Prozessen im Gehirn, wie z.B. der Stressregulation.
Der Austausch zwischen dem Verdauungssystem und dem Gehirn
Die Kommunikation zwischen dem Verdauungssystem und dem Gehirn ist nicht nur für die Verdauung entscheidend, sondern reguliert auch den Stoffwechsel [Rhee et al., 2009; Osadchiy et al., 2019]. Entscheidend für die Kommunikation sind die Neuronen des Vagusnervs. Die afferenten Neuronen des Vagusnervs transportieren Informationen vom Magen-Darm-Trakt zum Gehirn. Sie können mechanische Veränderungen wie das Dehnen von Organen im Verdauungstrakt erkennen sowie chemische Signale, wie z.B. Hormone, die von bestimmten Zellen im Darm freigesetzt werden. Die efferenten Neuronen des Vagusnervs, die ihren Zellkörper im Hirnstamm haben, transportieren dagegen Informationen vom Gehirn zu den Organen.
Hormonelle Signale wie GLP-1 (Glucagon-like peptide 1) vermitteln dem Gehirn Informationen über die aufgenommene Nahrung und den Energiezustand. Über komplexe Verschaltungen wirken diese Signale letztendlich auf eine Vielzahl von Nervenzellen, unter anderem auf die so genannten AgRP- und POMC-Nervenzellen, die die Nahrungsaufnahme und den Energieverbrauch maßgeblich regulieren [Brüning & Fenselau, 2023; Betley et al., 2013; Burnett et al., 2019].
Mehr Informationen zur neuronalen Verschaltung im Stoffwechsel finden Sie hier.
Neben GLP-1, können nach der Nahrungsaufnahme weitere Signale im Darm freigesetzt werden, darunter CCK (Cholecystokinin), PYY (Peptid YY) und Serotonin [Brüning & Fenselau, 2023].
Forschende vom Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung konnten die Funktionen der Nervenzellgruppen identifizieren, die an der Kommunikation zwischen Darm und Gehirn beteiligt sind. Sie fanden heraus, dass Nervenzellen, deren Endigungen im Darm liegen, Informationen an das Gehirn senden und dadurch die Nahrungsaufnahme und den Glukosestoffwechsel beeinflussen. Eine dieser Nervengruppen erkennt die Ausdehnung des Magens und sendet bei Aktivierung appetithemmende Signale an das Gehirn weiter, während sie gleichzeitig den Blutzuckerspiegel senkt. Eine andere Nervenzellgruppe nimmt chemische Signale aus der Nahrung wahr. Diese beeinflussen die Nahrungsaufnahme nicht, erhöhen aber bei Aktivierung den Blutzuckerspiegel [Borgmann et al., 2021].
Mehr Informationen zu dieser Studie finden Sie hier.
Quellen:
- Betley, J. N., Cao, Z. F. H., Ritola, K. D., & Sternson, S. M. (2013). Parallel, redundant circuit organization for homeostatic control of feeding behavior. Cell, 155(6), 1337-1350.
- Borgmann, D., Ciglieri, E., Biglari, N., Brandt, C., Cremer, A. L., Backes, H., ... & Fenselau, H. (2021). Gut-brain communication by distinct sensory neurons differently controls feeding and glucose metabolism. Cell metabolism, 33(7), 1466-1482.
- Brüning, J. C., & Fenselau, H. (2023). Integrative neurocircuits that control metabolism and food intake. Science, 381(6665), eabl7398.
- Burnett, C. J., Funderburk, S. C., Navarrete, J., Sabol, A., Liang-Guallpa, J., Desrochers, T. M., & Krashes, M. J. (2019). Need-based prioritization of behavior. Elife, 8, e44527.
- Osadchiy, V., Martin, C. R., & Mayer, E. A. (2019). The gut–brain axis and the microbiome: mechanisms and clinical implications. Clinical Gastroenterology and Hepatology, 17(2), 322-332.
- Rhee, S. H., Pothoulakis, C., & Mayer, E. A. (2009). Principles and clinical implications of the brain–gut–enteric microbiota axis. Nature reviews Gastroenterology & hepatology, 6(5), 306-314.
Dieser Text wurde verfasst von Lisa Weiher.